Der historische Moment der lange erwarteten ersten Fed-Zinserhöhung sorgte am Markt Mitte Dezember für keine größeren Ausschläge. Stattdessen zogen in der ersten Monatshälfte sinkende Ölpreise die Notierungen nach unten, bevor ab Monatsmitte noch eine kleine Jahresendrallye stattfand. Trotzdem schlossen die meisten Märkte den Dezember mit Verlusten ab.
Fed wagt die Zinswende
Wird sie oder wird sie nicht? Das war bis Mitte Dezember die meist diskutierte Frage an den internationalen Finanzmärkten. Und ja, Janet Yellen hat an der Zinsschraube gedreht und den US-Leitzins erstmals seit dem Jahr 2006 um 25 Basispunkte erhöht. Dieser historische Zinsschritt, der laut einigen Meldungen das Ende der lockeren Geldpolitik bzw. deren Normalisierung einleitete, war jedoch nüchtern betrachtet vor allem ein symbolischer Akt. Auch mit einem Zinsband von 0,25% bis 0,50% bleibt der US-Leitzins auf äußerst niedrigem Niveau und die Geldpolitik dementsprechend expansiv. Anhand von Daten des Futures Marktes auf die Fed Funds Rate konnte zudem abgeleitet werden, dass weit über 70% der Marktteilnehmer mit diesem Schritt gerechnet hatten. Historisch gesehen hat bei einer solch hohen eingepreisten Zinserhöhungswahrscheinlichkeit die Fed bisher immer auch Taten folgen lassen und die Zinsen angepasst.
Der Markt jedenfalls hat die Zinswende positiv aufgenommen. Am 16. Dezember konnte der S&P 500 um knapp 1,5% zulegen. Auf Monatssicht steht trotzdem ein kleines Minus (-1,8%) zu Buche. Grund sind Verwerfungen im Hochzinsanleihemarkt, die auch den breiten Aktienmarkt ansteckten. Da es sich aufgrund des abermals gefallenen Ölpreises für mehr und mehr Fracking-Unternehmen ausgesprudelt hat, geraten die stark risikobehafteten Anleihen dieser Firmen immer stärker unter Druck. In der Vergangenheit konnte eine gewisse Korrelation des US-Hochzinsanleihemarkts und des US-Aktienmarktes betrachtet werden. Sollten niedrige Ölpreise eigentlich eine gute Nachricht für die Wirtschaft und damit die Aktienmärkte sein, werfen strauchelnde Energieunternehmen einen dunklen Schatten auf den Gesamtmarkt. Auch für das Gesamtjahr 2015 gesehen kam der amerikanische Leitindex nicht vom Fleck (Jahresrendite: -0,7%, inkl. Dividenden: +1,4%). Neben dem schwachen Energiesektor setzte der stark aufgewertete US-Dollar den Unternehmens-gewinnen zu. Sollten sich nun auch noch die Leitzinsen stärker erhöhen, könnte zudem bezweifelt werden, ob die bisher kursstützenden immensen und teils kreditfinanzierten Aktienrückkaufprogramme anhalten werden.
Lässt man einige momentumstarke US-Schwergewichte wie Amazon, Alphabet (Google), Facebook oder Netflix außer Acht, schloss der breite US-Markt das Jahr gar zweistellig im Minus ab. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass sich die Mehrheit der größten Unternehmen des Weltaktienindexes, wovon rund die Hälfte US-Unternehmen sind, im Abwärtstrend befinden. Das Risikomanagement bleibt auch 2016 Topthema.
EZB hat zu hohe Erwartungen geschürt
In Europa kam es bereits Anfang des Monats zu einem stärkeren Abverkauf bei risikobehafteten Wertpapieren. Der Grund hierfür ist vor allem EZB-Chef Mario Draghi zuzuschreiben. Dieser hatte im Vorfeld Hoffnungen gemacht, noch mehr Liquidität bereitzustellen. Zwar wurde unter anderem der Einlagensatz für Banken auf -0,3% gesenkt, das Anleihekaufprogramm bis März 2017 verlängert, sowie die zugelassenen Ankaufinstrumente ausgeweitet, der Markt hatte jedoch gehofft, dass vor allem das laufende Anleihekaufprogramm nochmals aufgestockt werden würde.
Draghi betonte hingegen die nun möglichen Reinvestitionen von ausgelaufenen Finanzinstrumenten, welche nicht gering ausfallen dürften. Als der Markt dennoch verschnupft reagierte, meinte Draghi einen Tag später, es gäbe keine Zweifel über eine Aufstockung des Programmes – falls notwendig. Nichtsdestotrotz war der Dezember ein roter Börsenmonat. DAX (-5,6%), MDAX (-3,8%), CAC 40 (-6,5%) oder FTSE 100 (-1,8%) gaben nach. Auch sämtliche Anleihekurse (europäische Staatsanleihen und Unternehmensanleihen) gaben nach.
Von vielen Experten wird Europa 2016 als attraktives Anlageziel gesehen. Dank anhaltend expansiver Geldpolitik sowie moderatem Wachstum bei relativ zur USA gesehen günstigen Bewertungen, sieht dies auch der Markt so. Allerdings gibt es hierzulande Gefahren, die am Markt unterschätzt werden könnten und ein konsequentes Risikomanagement unabdingbar machen. Als Risiken sehen wir neben akuter Terrorgefahr in Europa (Paris wurde von den Börsen im November noch ignoriert), politischer Spaltungen wegen Uneinigkeit hinsichtlich des Einwanderungsdilemmas, sowie die Auswirkungen der dahinsiechenden, medial stark in den Hintergrund geratenen, Eurokrise.
Japan und Schwellenländer mit uneinheitlichen Marktentwicklungen
Aus Japan und den Schwellenländern gab es im Dezember wenig Neues. Japans Geldpolitik bleibt weiter expansiv, eine Rezession konnte dank stärkeren Unternehmensinvestitionen verhindert werden. Nichtsdestotrotz konnte sich der Nikkei nicht den allgemeinen Kursverlusten entziehen und beendete den Monat mit -3,6%.
In China konnten zumindest die Inlandsaktien von Shanghai (+2,7%) zwar zulegen, allerdings nur unter hoher Volatilität. Die reinen Wirtschaftsdaten waren erneut schwach. Sinkende Exporte, sinkende Importe und fallende Einkaufsmanagerindizes sowohl im produzierenden als auch im Dienstleistungssektor.
Die Schwellenländerbörsen Russlands (MSCI Russland: -10,8%) und Brasiliens (MSCI Brasilien: -5,8%) gerieten aufgrund der überraschend ausgeweiteten OPEC Ölproduktion erneut unter Druck.
Recht stabil hielt sich der indische Markt (MSCI India: +1,7%). Ein Aufwärtstrend ist hier aber nicht zu erkennen.
Ausblick
Nach der ersten Leitzinserhöhung seit fast zehn Jahren schielen Anleger nun darauf, in welchem Tempo 2016 die Zinsen weiter erhöht werden. Hier gehen die Meinungen, wie immer, weit auseinander. Während Goldman Sachs unter anderem vor einer Unterschätzung der Zinserhöhungsgeschwindigkeit spricht, gibt es andere Marktteilnehmer, die nur auf eine sehr graduelle Erhöhungen pochen. Unserer Meinung nach sprechen zwei Argumente gegen eine zu schnelle Zinserhöhung:
Zum einen kühlt sich die US-Konjunktur langsam ab (der geglättete US-PMI befindet sich nun unter der Wachstumsschwelle von 50), zum anderen dürften abermals gesunkene Ölpreise und der feste US-Dollar, bei in den letzten Jahren unterdurchschnittlich langsam gewachsenen Löhnen, den Inflationsdruck dämpfen. Der Arbeitsmarkt und die Kerninflation befinden sich allerdings an einer Schwelle, wo der nun vollzogene Zinsschritt gerechtfertigt war.
Da sich der Markt in einem langfristigen Aufwärtstrend befindet und auch die Weltwirtschaft ungebrochen wächst, gehen wir bei zunehmenden Schwankungen optimistisch ins neue Börsenjahr.
Quelle: Rebalancing Invest GmbH, Smart Invest GmbH