Patientenverfügungen und Vollmachten zeigen ihre Qualität, wenn der Fall der Fälle eintritt. Sind sie nicht umfassend und konkret genug, kommt es zu Problemen, wie ein aktuelles BGH-Urteil zeigt.
Allgemeine Hinweise zum Verzicht auf lebenserhaltende Maßnahmen genügen nicht, so das Gericht. Patientenverfügungen müssen konkrete Maßnahmen präzise beschreiben. Auch in Vollmachten müsse klar beschrieben sein, in welchen Fällen ein Bevollmächtigter Entscheidungen zum Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen treffen dürfe.
Im kürzlich entschiedenen Fall hatte eine heute 75-jährige Frau aus Baden-Württemberg 2011 einen Hirnschlag erlitten. Sie wurde in einer Pflegeeinrichtung untergebracht und war in der Folge nicht mehr einwilligungsfähig. Sie hatte eine Patientenverfügung, in der sie angab, dass bei einem Gehirn-Dauerschaden “lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben” sollten. Eine ihrer drei Töchter hatte sie 2003 als Bevollmächtige über eine notarielle Generalvollmacht eingesetzt, mit der sie die Tochter auch zur Vertretung in medizinischen Fragen berechtigte. Auch in der Vollmacht legte fest, dass bei unheilbarer Erkrankung ohne Aussicht auf Wiedergenesung auf lebenserhaltende Maßnahmen zu verzichten sei.
Die Bevollmächtigte Tochter ließ eine notwendige künstliche Ernährung in Einvernehmen mit der behandelnden Ärztin weiter zu. Die beiden Schwestern der Bevollmächtigten hielten das für eine Missachtung des Willens der Mutter und forderten bei Gericht einen Kontrollbetreuer. Der sollte die Vollmacht der Schwester widerrufen.
Patientenverfügung und Generalvollmacht unzureichend
Der Bundesgerichtshof wies das nun zurück. “Ein Bevollmächtigter könne nach § 1904 BGB die Einwilligung bzw. Nichteinwilligung des einwilligungsunfähigen Betroffenen in medizinische Maßnahmen ersetzen, wenn ihm hierzu eine schriftliche Vollmacht erteilt ist, deren Text hinreichend klar umschreibt, dass sich die Entscheidungskompetenz des Bevollmächtigten auf die im Gesetz genannten ärztlichen Maßnahmen sowie darauf bezieht, diese zu unterlassen oder am Betroffenen vornehmen zu lassen. Aus der Vollmacht müsse außerdem deutlich werden, dass die auf ihrer Grundlage getroffenen Entscheidungen zur Gefahr des Todes oder eines schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schadens führen können, so der BGH. (…) Fraglich war allerdings, ob sich aus der Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht nicht Vorgaben hinsichtlich der Art und Weise ableiten lassen, wie die Tochter ihre (General-)Vollmacht auszuüben habe.” (1) Rechtsanwalt Constantin von Wangenheim, Nürnberg: “Eine Generalvollmacht ohne konkrete Legitimierung zum medizinischen Bereich, wie die Erlaubnis Behandlungen oder medizinische Maßnahmen zu erlauben oder zu untersagen, kann nicht empfohlen werden. Das gilt übrigens auch für den Bereich ärztliche Zwangsmaßnahmen, der ja 2013 gesetzlich neu geregelt wurde.”
Der BGH hält die vorliegende Patientenverfügung und den Passus “keine lebenserhaltenden Maßnahmen” für zu unkonkret. Es müssten konkrete ärztliche Maßnahmen bezüglich Erkrankungen oder Behandlungssituationen benannt sein. Es sei nirgends festgehalten, dass die 75-Jährige eine künstliche Ernährung in bestimmten Behandlungssituationen ablehne. Damit sei die Tochter nicht zum Abbruch der künstlichen Ernährung berechtigt und es sei nicht klar, ob die Tochter mit ihrer Einwilligung gegen den Willen der Mutter entschieden habe.
Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, begrüßt das BGH-Urteil zu den Anforderungen an Patientenverfügungen. “Formulierungen in Patientenverfügungen müssen hinreichend konkret sein. Denn schließlich geht es um Entscheidungen über Leben und Tod. Ankreuzformulare sind deshalb in der Regel unzureichend und wiegen die Verfasser in falscher Sicherheit.” (2) Rechtsanwalt Norbert Schönleber, Köln, ergänzt: “Das zeigt in der Tat, wie wichtig es ist, dass eine Patientenverfügung individuell erstellt wird. Die Patientenverfügung von Plan F und Juradirekt ist hier vorbildlich, denn fast nirgendwo wird so viel abgefragt wie hier.”
Neu im Plan F Service: Hilfe durch Mediziner
Dazu passt auch der Schlichter-Service, den Plan F kürzlich eingeführt hat. Mediziner aus dem wissenschaftlichen Beirat stehen Bevollmächtigten bei Fragen der Umsetzung des Patientenwillens auf Wunsch zur Seite. Erst kürzlich hatte Dr. med. Volker Weidinger, Nürnberg, eine Bevollmächtigte zum Streitthema künstliche Ernährung fachlich unterstützt. “Ist juristisch alles gut geregelt, besteht manchmal gegenüber Ärzten Unsicherheit seitens der Bevollmächtigten. Hier können wir unterstützen und gegebenenfalls im Sinne des Betroffenen mit dem behandelnden Arzt sprechen”, so Dr. Weidinger.
Haftung für Dokumente wichtig
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Für weitergehende Fragen stehe ich Ihnen wie immer gerne zur Verfügung.
Ihr
Tilmann Speck