Anfang des Jahres 2017 war unter Vermögensverwaltern und Analysten die Ansicht weit verbreitet, dass die Finanzmärkte nicht erneut so starke Renditen erzielen würden wie 2016.
Als Gründe dafür nannten viele die weltweit unsichere Wirtschaftslage, politische Unruhen in den Vereinigten Staaten, die Durchführung des Brexit, Konflikte im Nahen Osten, die Waffenaufrüstung Nordkoreas sowie weitere Faktoren. Die internationalen Aktienmärkte bewiesen jedoch das Gegenteil, und die Hauptaktienindizes in den entwickelten Märkten und in den Schwellenmärkten verzeichneten im Jahresverlauf hohe Renditen.
Der umfassende weltweite Fortschritt macht deutlich, wie wichtig es ist, einen Investmentansatz zu verfolgen, der auf Diversifikation und Disziplin anstatt auf Vorhersagen und Timing beruht. Der Versuch die Märkte vorherzusagen, erfordert von Anlegern nicht nur eine akkurate Prognose zukünftiger Ereignisse, sondern auch darüber, wie die Märkte auf diese Ereignisse reagieren werden. Die Marktentwicklung 2017 hat erneut verdeutlicht, dass es kaum Belege dafür gibt, dass auch nur eine dieser beiden Zielsetzungen kontinuierlich erreicht werden kann.
Anstatt sich in der Vorhersage zukünftiger Ereignisse zu versuchen, sollten sich Anleger darüber bewusst sein, dass der heutige Preis die Erwartungen der Marktteilnehmer und die Informationen über zukünftige erwartete Renditen widerspiegelt.
Der verstorbene Nobelpreisträger Merton Miller hat es auf den Punkt gebracht:
„Jeder verfügt über einige Informationen. Die Märkte haben die Funktion, diese Informationen zu sammeln, zu bewerten und in die Preise zu integrieren.“
—Merton Miller
Die obenstehende Grafik illustriert einige der markantesten Schlagzeilen diesen Jahres, die die Wertentwicklung der weltweiten Aktienmärkte thematisieren, gemessen am MSCI All Country World Index-Investable Market Index (MSCI ACWI IMI). Diese Schlagzeilen werden nicht zitiert, um Marktrenditen zu erklären. Vielmehr sollen sie daran erinnern, dass Anleger Tagesereignisse mit einer langfristigen Perspektive betrachten und Anlageentscheidungen nicht ausschließlich nach der Nachrichtenlage treffen sollten.
WELTWIRTSCHAFT
2017 ließ die Weltwirtschaft Anzeichen eines stärkeren Wachstums erkennen. Dabei befanden sich 45 von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) beobachtete Länder auf Wachstumskurs.1 Der Wirtschaftsausblick und die erwarteten Auswirkungen auf zukünftige Zahlungsströme sind zwei der vielen Variablen, die die Märkte beim Festlegen der Preise berücksichtigen. Anleger sollten daher bedenken, dass das Wirtschaftswachstum nicht immer in direktem Zusammenhang mit der Wertentwicklung der Aktienmärkte steht.
MARKTPERSPEKTIVE 2017
Höhepunkte des Aktienmarktes
Die weltweit entwickelten Aktienmärkte verzeichneten 2017 erneut ein Jahr mit positiven Renditen. Der MSCI World Index gab eine Gesamtrendite von 7,51% aus und übertraf damit seine langfristige Durchschnittsrendite von 5,00% seit 1999. Small Cap-Aktien, gemessen am MSCI World Small Cap Index, erfassten mit 7,74% eine ähnliche Rendite.
Die Aktienrenditen der Schwellenmärkte fielen sogar noch höher aus. Der MSCI Emerging Markets Index zeichnet mit 20,59% die fünfthöchste Rendite in seiner Geschichte.
Da viele Indizes – etwa der S&P 500 in den Vereinigten Staaten – im Jahresverlauf Höchststände erreichten, wurde in den Medien häufig über einen bevorstehenden Marktabschwung gemutmaßt. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass ein Allzeithoch im Allgemeinen keine aussagekräftigen Informationen für Anleger enthält.
Als Beispiel können wir den S&P 500 Index während eines Großteils des letzten Jahrhunderts heranziehen. Von 1926 bis 2017 ähnelte die Häufigkeit positiver Renditen über zwölf Monate in US-Dollar im Anschluss an ein neues Indexhoch den Werten, die nach Monaten
mit einem beliebigen Indexstand beobachtet wurden. Tatsächlich waren in diesem Zeitraum fast ein Drittel der monatlichen Beobachtungen neue Schlusshochs für den Index. Die Daten zeigen, dass neue Indexhöchststände historisch betrachtet keine nützlichen Anhaltspunkte für die Voraussage zukünftiger erwarteter Renditen liefern.
Auswirkungen globaler Diversifikation
Insgesamt haben sich europäische entwickelte Märkte im Vergleich zu anderen entwickelten Märkten überdurchschnittlich entwickelt: Der MSCI Europe Index (IMI) erzielte eine Rendite von 11,35%, während der MSCI World Index (IMI) eine Rendite von 7,54% ausgab. Das Vereinigte Königreich blieb hinter dem Rest Europas zurück, übertraf aber dennoch insgesamt die entwickelten Märkte, wobei der MSCI United Kingdom Index (IMI) eine Rendite von 8,66% erzielte. Generell haben sich Aktien der Schwellenmärkte im Vergleich zu entwickelten Märkten überdurchschnittlich entwickelt.
Auf Länderebene, einschließlich dem Vereinigten Königreich, fielen die Renditen zumeist positiv aus. Gemessen am MSCI All Country World Index (IMI) verzeichneten 45 der 47 Länder positive Renditen. Die Vereinigten Staaten rangierten während des Jahres in der unteren Hälfte auf Platz 35 der 47 Länder im MSCI All Country World Index (IMI).
Bei den Renditen auf Länderebene gab es selbst zwischen den Ländern mit positiven Renditen große Unterschiede. In den entwickelten Märkten haben diese zwischen -3,06% in Israel bis +32,97% in Österreich rangiert. In den Schwellenmärkten reichten die Renditen von -33,90% in Pakistan bis +34,88% in Polen – dies entspricht einer Differenz von nahezu 70%.
Da es kein zuverlässiges Verfahren gibt um vorherzusagen, welches Land die höchsten Renditen erzielen wird, verdeutlichen diese hohen Renditeunterschiede zwischen den Ländern mit der besten und schlechtesten Wertentwicklung erneut, wie wichtig es ist, bei weltweiten Investments kontinuierlich einen diversifizierten Ansatz zu verfolgen.
China ist ein gutes Beispiel dafür, wie schwer es ist, die Rendite einzelner Länder von Jahr zu Jahr vorherzusagen. Nach einer unveränderten bis positiven Rendite (EUR) in 2016, verzeichneten chinesische Aktien 2017 eine Rendite von über 30% (EUR). China war damit eines der Länder mit der besten Wertentwicklung in diesem Jahr.
Währungen
Der Euro wertete gegenüber den meisten wichtigen Währungen einschließlich des US-Dollars auf. Die Stärkung der Währung wirkte sich negativ auf die Renditen der Euro-Anleger mit Beteiligungen in nicht wechselkursabgesicherten ausländischen Anlagen aus. Dies mag einige Anleger überraschen, da der US-Dollar gegenüber den meisten Währungen in den vergangenen fünf bis zehn Jahren aufgewertet hat.
Wie bei den Renditen einzelner Länder gibt es auch hier keinen verlässlichen Ansatz, Währungsschwankungen vorherzusehen. Anleger sollten achtsam sein, Währungen nicht aufgrund der guten oder schlechten Wertentwicklung des US-Dollars oder einer anderen Währung zu timen.
Entwicklung der Prämien
2017 blieb die Small Cap-Prämie in den entwickelten Märkten allgemein unverändert, während sie sich in den Schwellenmärkten negativ entwickelte.
Die Profitabilitätsprämie fiel in den entwickelten Märkten und in den Schwellenmärkten positiv aus, die Value-Prämie in diesen Märkten hingegen negativ.
Entwickelte Märkte
In den entwickelten Märkten haben sich Small Cap-Aktien und Large Cap-Aktien gleich entwickelt,
wohingegen sich Value-Aktien im Vergleich zu Growth-Aktien unterdurchschnittlich entwickelt haben.
Aktien mit hoher Profitabilität entwickelten sich besser als Aktien mit niedriger Profitabilität.
Über beide gleitenden Fünf- und Zehn-Jahres-Zeiträume hinweg war die Small Cap-Prämie (gemessen am MSCI World Small Cap Index minus MSCI World Index) nach wie vor positiv.
Während die Small Cap-Prämie in den entwickelten Märkten im letzten Jahr allgemein unverändert blieb, fiel sie in den entwickelten Märkten außerhalb der Vereinigten Staaten positiv aus, wobei der MSCI World ex USA Small Cap Index den MSCI World ex USA Index um 6,00% übertraf.
US-amerikanische Small Cap-Aktien erzielten 2017 laut dem Russell 2000 Index zwar eine Rendite von 0,70%, allerdings fiel die US-amerikanische Small Cap-Prämie (gemessen am Russell 2000 Index minus Russell 1000 Index) negativ aus und rangierte im untersten Drittel der jährlichen Renditedifferenzen seit 1979.
Value-Aktien verzeichneten gemäß dem MSCI World Value Index 2017 eine Rendite von 2,86%. GrowthAktien entwickelten sich jedoch besser und gaben eine Rendite von 12,44% aus, gemessen am MSCI World Growth Index.
Die Profitabilitätsprämie fiel in den entwickelten Märkten ohne die Vereinigten Staaten, marktweit betrachtet, positiv aus.
Im Hinblick auf die marktspezifischen Faktoren Size und Klasse, haben sich Aktien mit hoher Profitabilität im Vergleich zu Aktien mit niedriger Profitabilität überdurchschnittlich entwickelt, und zwar in allen Bereichen mit Ausnahme des Large Growth Segments.
Das komplementäre Verhalten der Prämien in 2017 ist ein gutes Beispiel für die Vorteile, die die Integration mehrerer Prämien in eine Investmentstrategie mit sich bringt. Sie kann die Zuverlässigkeit der überdurchschnittlichen Wertentwicklung erhöhen und die Auswirkungen einer unterdurchschnittlichen Wertentwicklung einzelner Prämien abschwächen, wie dies bei Value-Aktien 2017 der Fall war.
Schwellenmärkte
In den Schwellenmärkten haben sich Small Cap-Aktien im Vergleich zu Large Cap-Aktien unterdurchschnittlich entwickelt. Value-Aktien haben sich im Vergleich zu Growth-Aktien ebenfalls unterdurchschnittlich entwickelt.
Ähnlich wie bei den entwickelten Märkten haben sich Aktien mit hoher Profitabilität im Vergleich zu Aktien mit niedriger Profitabilität überdurchschnittlich entwickelt.
Value-Aktien erzielten gemessen am MSCI Emerging Markets Value Index eine Rendite von 12,49%. GrowthAktien entwickelten sich jedoch besser und lieferten gemäß dem MSCI Emerging Markets Growth Index eine Rendite von 28,94%.
Die Value-Prämie, gemessen am MSCI Emerging Markets Value Index minus des MSCI Emerging Markets Growth Index, fiel auf ihren niedrigsten Stand seit 1999.
Obwohl sich das Jahr 2017 generell als positives Jahr für die absoluten Aktienrenditen erwiesen hat, markierte es einen Wandel in der Wertentwicklung der Prämien gegenüber 2016: Damals fielen Size- und Value-Prämien auf den weltweiten Märkten allgemein positiv aus. Auf längere Sicht betrachtet, sind diese Prämien über mehrere Jahrzehnte und auf internationaler Ebene, trotz des Gegenwindes der letzten Jahre, stabil geblieben.
Es ist ausreichend belegt, dass Aktien mit Potenzial für höhere erwartete Renditen – wie Small Cap- und ValueAktien – diese Renditen nicht in jedem Jahr realisieren.
Anleger müssen in diesen Teilen des Marktes unbedingt diszipliniert bleiben, wenn sie die langfristigen Renditen, die mit den Size-, Value- und Profitabilitätsprämien verbunden sind, erzielen wollen.
Anleihen
Die Anleihenmärkte verzeichneten 2017 weltweit positive Renditen, der Bloomberg Barclays Global Aggregate Bond Index (abgesichert in EUR) legte um 1,06% zu.
Die Zinsstrukturkurven waren in vielen entwickelten Märkten über das Jahr hinweg aufwärts gerichtet, was auf positive erwartete Laufzeitprämien hindeutete.
Die realisierten Laufzeitprämien fielen tatsächlich weltweit positiv aus, denn langfristige Laufzeiten haben sich im Vergleich zu kurzfristigen Laufzeiten überdurchschnittlich entwickelt.
Credit-Spreads bezeichnet die Differenz der Renditen von Anleihen mit niedriger Qualität und festverzinslichen Wertpapieren mit höherer Qualität. Sie fielen dieses Jahr relativ eng aus, was auf eine niedrigere Bonitätsprämien hindeutet.
Die realisierten Bonitätsprämien waren weltweit positiv, da Investment-Grade-Unternehmensanleihen geringerer Qualität ihre Pendants mit höherer Qualität übertrafen.
Unternehmensanleihen waren das Segment mit der besten Wertentwicklung im Bloomberg Barclays Global Aggregate Bond Index (abgesichert in EUR) und lieferten eine Rendite von 3,32%.
In anderen wichtigen Märkten, etwa Deutschland, stiegen die Zinsen, während sie im Vereinigten Königreich und Japan relativ unverändert blieben.
In den Vereinigten Staaten flachte die Renditekurve ab, denn die Zinsen stiegen zum kurzen Ende der Kurve an, und fielen am langen Ende der Kurve ab. Die Rendite der 3-monatigen US-Treasury-Bill stieg um 0,88% und betrug am Jahresende 1,39%. Die Rendite der 2-jährigen USTreasury-Note stieg um 0,69% auf 1,89%. Die Rendite der 10-jährigen US-Treasury-Note fiel um 0,05% und betrug am Jahresende 2,40%. Die Rendite des 30-jährigen US-Treasury-Bonds fiel um 0,32% und gab zum Jahresende 2,74% aus.
Die Renditen japanischer und deutscher Staatsanleihen mit Laufzeiten bis zu acht Jahren lagen zum Jahresende im Minus.
FAZIT
Das Jahr 2017 bot zahlreiche Beispiele dafür, wie schwierig es ist, die Wertentwicklung der Märkte vorherzusagen, und wie wichtig Diversifikation und Wahrung der Disziplin sind, wenn Anleger effektiv die langfristigen Renditechancen nutzen wollen, die die Finanzmärkte zu bieten haben. Ein guter Ratschlag von
David Booth für das Jahr 2018:
„Wichtig ist, dass Sie eine korrekte Ansicht über die Märkte haben und wie diese arbeiten. Sobald Sie die Märkte in dieser Hinsicht betrachten, werden die Vorteile weit über dem bloßen Geldanlegen liegen.“
Für weitergehende Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Tilmann Speck
Tilmann.Speck@PlanF.de
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Quelle: Dimensional, Plan F