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Hochsaison fur Crashpropheten

von | 23.06.2016

Die Indizes haben ihre Allzeithochs verlassen, die Druckmaschinen der Notenbanken fahren auf Hochtouren und verschiedene Indikatoren lassen keinen Zweifel zu, dass amerikanische Aktien relativ hoch bewertet sind. Mit anderen Worten – die Stunde der Crashproheten wird bald wieder schlagen. Warum stellt sich überhaupt jemand in die Mitte eines Marktplatzes, nichts anderes ist die Börse, und malt den Untergang der laufenden Hausse in den düstersten Farben? In aller Regel lautet die Erklärung: Um Geld zu verdienen!
Die Masche der Börsen-Wahrsager
Es gibt viele Arten sein Geld an der Börse zu verdienen. Mit der Angst der Marktteilnehmer, insbesondere der Privatanleger, zu spielen, ist nicht gerade die schwierigste und edelste, um es höflich zu formulieren. Die Marktschreier kommen aus allen Richtungen der Branche. Sie verkaufen Börsenbriefe, Reports, Bücher und ein paar Vermögensverwalter sind auch dabei. Die Kernaussage klingt bei allen sehr ähnlich: Nur mein Börsenbrief, mein Buch, meine Art der Anlage kann das Volk vor großen finanziellen Verlusten schützen. Nun muss das Volk natürlich auch wissen, warum ausgerechnet jetzt eine große Gefahr droht. Oder nicht?
Die goldene Regel
Was müssen Sie tun, wenn Sie es als Crashprophet oder sogar Verschwörungstheoretiker, die Königsklasse der Schwarzseher, weit bringen möchten? Beherzigen Sie die eine goldene Regel, quasi das Fundament des Erfolgs: Nennen Sie niemals ein genaues Datum! Bestenfalls bestimmen Sie nicht mal einen groben Zeitraum. Die Angst darf nicht von einem Moment auf den nächsten schwinden, Sie ist Ihr wichtigstes Instrument. Erleichterung, weil dieses oder jenes Ereignis nicht eingetreten ist, wäre da völlig fehl am Platz.
Diesen Fehler hat der gute alte Nostradamus begangen, als er den Weltuntergang zur Jahrtausendwende vorhersah. Fehlalarm. Wenigstens hat er die Schande selber nicht mehr miterleben müssen. Im Gegenteil, nach Ihrer Theorie muss die Wahrscheinlichkeit eines Armageddon mit der Zeit immer höher werden, bis es, zumindest theoretisch, unausweichlich wird. Während dieser Spanne beschreiben Sie das Szenario in unterschiedlichen Varianten, getreu dem Motto: Es wird jeden erwischen, Flucht ist unmöglich. Fast zumindest, denn ein Pfad führt natürlich zum Licht, nämlich ihrer.

Der Wert einer Prognose
Scherz beiseite – es gibt durchaus kluge Köpfe, die einigermaßen plausibel darlegen können, warum das aktuelle Bewertungsniveau im Aktienmarkt zu hoch ist. Selbst für den Zusammenbruch unseres Finanzsystems gibt es schlüssige Argumente, die nicht komplett von der Hand zu weisen sind. Aus meiner Sicht ist aber eine Prognose ohne zeitlichen Ablaufplan ziemlich wertlos. Langfristig betrachtet hat jede Wirtschafts- oder Gesellschaftsform nur eine begrenzte Halbwertzeit und wenn wir ehrlich sind, ist die aktuelle Notenbankpolitik ein Experiment mit ungewissem Ausgang. Dennoch, solange Analysen nur das Ergebnis, nicht aber den Verlauf beschreiben, ist damit nichts anzufangen.
Prominente Vertreter
Es liegt mir nichts daran, mich mit übler Nachrede aufzuhalten und mit erhobenem Zeigefinger durch die Welt zu rennen. Also stelle ich Ihnen drei Vertreter dieser Spezies vor, die einen gewissen Unterhaltungswert haben:

  1. Marc Faber ist weltweit als Dr. Doom bekannt. Frühzeitig erkannte er den Crash von 1987 und die Japan-Krise. Allerdings lag er auch ebenso oft daneben. Zum Beispiel, als er zu früh auf ein Platzen der Dotcom-Blase spekulierte. Trotzdem ist Marc Faber ein weißes Schaf in der Branche und ein Interview mit ihm jederzeit lesenswert. Einerseits riskiert er nämlich sein eigenes Geld und andererseits gibt er herzerfrischend offen zu, wenn er sich geirrt hat.
  2. Selbst Wikipedia ist sich nicht einig, aber in der Investmentwelt gibt es noch einen weiteren Ökonomen, der auf den Namen Dr. Doom hört. Sein bürgerlicher Name lautet Nouriel Roubini, ein türkischstämmiger Amerikaner. Wenn Sie die Chance haben, einen Artikel von Roubini zu lesen, dann sollten Sie nicht zögern. Der Wirtschaftswissenschaftler hat eine sehr hohe Trefferquote bezüglich seiner konkreten Voraussagen, die sich allein schon deshalb von billiger Panikmache unterscheiden, weil er genaue Zeiträume benennt. Sein Timing ist allerdings miserabel.
  3. Gerade den Deutschen dürfte der Anlageexperte Roland Leuschel ein Begriff sein. Leuschel lag praktisch nie richtig in seiner Karriere, trägt seine Thesen aber sehr sympathisch vor und ist ein gern gesehener Gast in Talk-Shows. Sein letzter Versuch Anfang 2013: Spätestens Mitte 2014 würde eine große Währungsreform kommen, der Euro sei dann Geschichte. Es kam anders. Macht nichts.

Da spätestens alle 5-6 Jahre eine gesunde Korrektur die Preise wieder auf ein gesundes Niveau zurückbringt, denken die Crashpropheten jetzt ist Ihre Stunde gekommen. Aber, es sind nur Geschichten die zumindest amüsant vorgetragen werden und mit einem Lächeln im Gesicht sollten wir die nächste ertragen und genießen als das was sie sind: Unterhaltung!
Denn die Realität sieht in diesem Vergleich beinahe langweilig aus:
Ihr
Tilmann Speck