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Wann geht eine Börsen-Hausse zu Ende?

von | 26.05.2015

In der Vergangenheit endeten Hausse-Bewegungen (Börsen-Hausse) stets aus einem der drei folgenden Gründe:
1. Deutliche Straffung der Geldpolitik
2. Euphorie (sog. „Milchmädchen-Hausse“)
3. Extreme Überbewertung (z.B. „neues Zeitalter“ mit ganz neuen Bewertungskennzahlen oder deutlicher Gewinneinbruch im Folge einer Rezession)
Was bedeutet das auf die heutige Situation übertragen?
Nun, eine Fortsetzung der Hausse erscheint durchaus möglich, da derzeit keiner der drei genannten Gründe greift.

  • Geldpolitik

Die Geldpolitik ist auf globaler Basis betrachtet expansiver Natur, allen voran in Europa und Japan. Aber auch sonst wurden jüngst in vielen Regionen die Zinsen gesenkt. Für Europa wird frühestens in 2017 mit ersten Zinsanhebungen gerechnet. Lediglich in den USA wird über eine Straffung der Geldpolitik diskutiert – diese wird jedoch voraussichtlich sehr moderat ausfallen. In seiner Stellungnahme zum Zinsentscheid Mitte März hat der Offenmarktausschuss der US-Notenbank Fed (FOMC) das Signalwort „geduldig“ gestrichen und damit den Weg zu einer ersten Zinserhöhung im Laufe des Jahres 2015 geebnet. Gleichzeitig hat die US-Notenbank jedoch signalisiert, dass der Zinserhöhungspfad deutlich flacher verlaufen wird, als dies bislang kommuniziert wurde.
Quelle: JP Morgan
Für den Zeitpunkt der ersten Zinserhöhung dürfte die Fed stark auf die neu hereinkommenden Konjunktur-und Inflationsdaten schauen. Angesichts der schwachen Entwicklung in den letzten Wochen sowie des immer noch tiefen Ölpreises wird es zunehmend wahrscheinlicher, dass der erste Zinsschritt erst im September kommen wird. Für 2015 dürften ein bis maximal zwei kleine Zinsschritte um jeweils 25 Basispunkte erfolgen. Im kommenden Jahr ist mit weiteren zwei bis drei Zinsschritten zu rechnen, so dass der Leitzins Ende 2016 bei etwa 1% bis 1,25% stehen könnte.
Der globale Trend geht ohnehin eindeutig Richtung Leitzinssenkung. So wurden allein in diesem Jahr in 22 Ländern die Leitzinsen gesenkt, teilweise sogar in den negativen Bereich, z.B. in Schweden und in der Schweiz.

  • Euphorie

Eine allgemeine Euphorie ist – zumindest an den europäischen Börsen – nicht zu spüren. Es handelt sich gerade beim Dax-Aufschwung weiterhin um die bereits viel zitierte „Party ohne Gäste“. In den USA scheint die Stimmung etwas besser zu sein, wie z.B. an rekordhohen Wertpapierkrediten abzulesen ist.
Quelle: Gruner Fisher

  • Bewertung

Die Bewertung ist zwar inzwischen ambitioniert und liegt etwas über dem historischen Schnitt, jedoch noch weit weg von einer deutlichen Übertreibung. Und auf relativer Basis, Stichwort „Anlagenotstand“, sind Aktien keinesfalls zu teuer. So liegt die Dividendenrendite des Dax mit 2,6% deutlich über der Rendite einer 10jährigen Bundesanleihe (ca. 0,2%). Fazit: Während zwischenzeitliche Korrekturen jederzeit denkbar sind und letztlich auch zu einer Hausse dazu gehören, ist eine ausgeprägte Baisse derzeit nicht in Sicht. Auch eine Rezession, verbunden mit Gewinneinbrüchen, zeichnet sich für das laufende Jahr keinesfalls ab.
Quelle: JP Morgan

Tilmann Speck, Mai 2015

Quelle: Plan F Research, JP Morgan, Gruner & Fisher, Wallrich Asset Management